Histaminintoleranz, Kopf- und Bauchweh durch Essen?
Was versteht man unter Hinstamin-Intoleranz?
Jahrelang haben Sie immer wieder Kopfschmerzen oder unerklärliche Bauchschmerzen. Sie haben schon viele Untersuchungen über sich ergehen lassen müssen, es wurde nichts gefunden, was die Beschwerden hätte erklären können. Auch Untersuchungen auf Nahrungsmittelallergien waren Fehlanzeige. Fast wären sie auf die Psycho-Schiene abgeschoben worden.
Manchen dieser Menschen kann jedoch weitergeholfen werden, wenn man an Unverträglichkeit für Histamin, die Histamin-Intoleranz, denkt.
Etwa ein Prozent der Bevölkerung dürfte, Schätzungen zu Folge, an einer Histamin-Intoleranz leiden. Davon sind vier Fünftel Frauen. Typischer Weise beginnen die Beschwerden im Altern zwischen 35 und 45 Jahren.
Das Beschwerdebild ist vielschichtig und wenig charakteristisch.
Müssen Sie sich regelmäßig beim Essen schnäuzen? Das kann ein Hinweis auf eine Histamin-Intoleranz sein. Ebenso ein plötzlich auftretendes Herzrasen bei herzgesunden jungen Frauen. Oder Übelkeit, Erbrechen, Blähungen, Durchfall. Ein buntes Bild. Symptome, die natürlich auf vieles Anderes hindeuten können.
Typischer Weise haben Menschen mit Histamin-Intoleranz einen niedrigen Blutdruck.
Zu den durch Histamin-Intoleranz bedingten Beschwerden gehören:
- Kopfschmerzen
- Übelkeit
- Erbrechen
- Blähungen
- Durchfall
- Verstopfte Nase
- Laufende Nase
- Herzrhythmus-Störungen (meist Herzrasen)
- Asthma-Anfälle
- Bauchkrämpfe bei der Regelblutung
Histamin ist ein "biogenes Amin". Es stimuliert zum Beispiel die Ausschüttung von Magensaft oder es erweitert die Gefäße, was die Basis für den "Histamin-Kopfschmerz" ist. Allergiker kennen die Histamin-Wirkung häufig aus eigener Anschauung: bei Kontakt mit Allergenen setzt der Körper aus den Mastzellen oder aus weißen Blutkörperchen Histamin frei, was die typischen harmlosen, aber auch die gefährlichen allergischen Reaktionen auslöst: zum Beispiel Schleimhautschwellung, vermehrte Sekretion, Asthma, Blutdruckabfall, Schock.
Histamin kann aber auch durch Medikamente und Nahrungsmittel freigesetzt werden. Unwirksam gemacht wird Histamin unter anderem durch das Enzym Diaminooxidase (DAO), das für das mit der Nahrung aufgenommenen Histamin der wichtigste Abbau-Mechanismus ist.
Bei der Histamin-Intoleranz kommen Histaminaufnahme und Histaminabbau aus dem Gleichgewicht, so dass ein Überschuss an Histamin resultiert. Das kommt durch eine verminderte Aktivität oder durch einen Mangel an DAO. Dies kann auch dadurch hervorgerufen werden, dass das Enzymsystem extrem beansprucht wird.
Wie kann das geschehen? Dadurch, dass Betroffene über längere Zeit hohe Mengen an Histamin aufnehmen, histaminfreisetzende Medikamente nehmen oder Medikamente, die die Wirksamkeit der DAO behindern.
Wenn die DAO "schlapp macht", kommt es bei Belastung mit Histamin oder anderen biogenen Aminen zu den geschilderten Symptomen.
Ein hoher Histamingehalt findet sich häufig bei Lebensmitteln mit biologischer Reifung oder einer bakteriellen Gärung. Je länger diese Prozesse dauern, desto höher ist der Gehalt an biogenen Aminen.
Lebensmittel mit hohem Anteil an Histamin bzw. biogenen Aminen sind:
- Rotwein
- Hartkäse
- Dauerwürste (z. B. Salami)
- Fische mit rotem Fleisch (z. B. Thunfisch, Makrele)
- nicht mehr frische Fische
- Tomaten (Ketchup nicht vergessen)
- Sauerkraut
- Spinat
- Schokolade, Kakao
- Nüsse
- Zitrusfrüchte
- Erdbeeren
Spitzenreiter beim Histamingehalt ist – je nach Sorte – der Rotwein. Kopfschmerzen nach Rotwein-Genuss müssen also nichts mit der Qualität des Weines ("Château Migraine") zu tun haben, sondern können histaminbedingt sein. Zumal, wenn er zu lange gereiftem Hartkäse, oder zu Pizza mit Tomaten, Käse und Salami getrunken wurde.
Was tun bei Verdacht auf eine Histamin-Intoleranz?
Aus einer Blutprobe wird der Gehalt an Histamin und die Aktivität der DAO gemessen. Nach zwei Wochen histaminfreier – mindestens histaminarmer – Ernährung, wird die Bestimmung wiederholt. Liegt eine Histamin-Intoleranz vor, ändern sich die gemessenen Werte charakteristisch, gleichzeitig sollten sich die Beschwerden bessern. Die Blutuntersuchungen sind derzeit noch nicht in allen Labors möglich.
Gleichzeitig sollte auch das Vorliegen einer Nahrungsmittelallergie ausgeschlossen oder bestätigt werden. Bei typischen Nahrungsmittelallergien treten die Beschwerden sofort, meist schon beim oder kurz nach dem Essen auf. Bei der Histaminintoleranz bekommt der Betroffene die Beschwerden erst einige Zeit nach dem Essen und auch nur dann, wenn eine gewisse Menge Histamin aufgenommen wurde.
Wie behandelt man die Histamin-Intoleranz?
Eine Behandlungsmöglichkeit ist eine möglichst histaminfreie Ernährung. Innerhalb von zwei Wochen kommt es zu einer deutlichen Besserung oder zu einem Schwinden der Beschwerden. Wenn sich nach vier Wochen nichts getan haben sollte, sollte man an der Diagnose zweifeln.
Man kann Diaminooxidase (DAO) auch als Medikament zuführen, was bei einer geplanten Feier mit Rotwein und Käse durchaus sinnvoll sein könnte. Eine Alternative kann es auch mal sein, vor außergewöhnlichen und schlecht vermeidbaren Belastungen mit Histamin – zum Beispiel bei einem Restaurantbesuch im beruflichen Zusammenhang – ein Medikament gegen Allergien einzunehmen. Solche Allergie-Medikamente (Antihistaminika) schwächen die Wirkung des Histamins oder heben sie auf.
Die gute Botschaft für alle von einer Histaminintoleranz Betroffenen:
Da in vielen Fällen die Entwicklung einer Histamin-Intoleranz ein Begleitphänomen einer gestörten Verdauungsfunktion ist, muss die Ernährung der Betroffenen insgesamt unter die Lupe genommen werden. Häufig steigert sich die Histaminverträglichkeit parallel zur Verbesserung der Darmfunktion.
Bei einer konsequenten Therapie kann sich das Enzymsystem mit der Zeit vollständig erholen, so dass die Erkrankung letztlich ausheilt. Die ehemals Betroffenen vertragen dann übliche Mengen Histamin wieder ohne Beschwerden zu bekommen. "Histamin-Exzesse" sollten aber sicherheitshalber nach wie vor gemieden werden.
(Nach einem Artikel der Deutschen Medizinischen Wochenschrift; DMW (Dtsch Med Wochenschr 2007; 132: 2057–2058).